Ein Wurf mit allen Höhen und Tiefen.
Am Morgen des 7. März gehe ich die Pferden füttern. Am Vorabend habe ich Gaia gewogen und komme auf eine Gewichtszunahme von 9,1kg seit dem Deckakt. So schwer sieht das schlanke Mädchen noch gar nicht aus. Sind da mehr als die "mindestens 5" Welpen, die wir beim Ultraschall gesehen haben, drin oder zeigt meine Waage zu viel an?
Von Wehen ist eigentlich noch nichts zu sehen oder zu spüren, aber die angelegten Ohren offenbaren unter Umständen ein zunehmendes Unbehagen mit dem eigenen Zustand. Mit Theo toben will sie aber trotzdem…
Am Abend dann eine besorgniserregende Entdeckung: Dunkelgrüner Ausfluss. Ist das eine Plazentaablösung und geht es etwa schon los? Drei Tage früher als erwartet?Jetzt sollte eigentlich innerhalb der nächsten zwei Stunden der erste Welpe kommen. Wie soll das ohne jedes Anzeichen von Kontraktionen gehen? Wir rufen die Tierärztin an und erörtern mögliche Gründe für den Ausfluss, beschließen aber gemeinsam, abzuwarten, solange es der Patientin gut geht. Und das scheint der Fall zu sein.
Am nächsten Morgen wieder kurze Gassirunde und weiterhin keine Anzeichen für eine bevorstehende Geburt. Kein weiterer Ausfluss. Ein ruhiger Tag.
Inzwischen ist der 9. März erreicht und der erste der berechneten Wurftage steht vor der Tür. Am Vormittag sitze ich im Wurfzimmer auf dem Sofa. Gaia sucht meine Nähe und ich entdecke wieder grünen Ausfluss. Diesmal wird sie unruhig, dreht sich um sich selbst, weiß erkenntlich nicht, wohin. Ist es jetzt tatsächlich soweit? Ich rufe Ulrike und animiere Gaia, sich in die Wurfkiste zu begeben. Und dann geht es auch schon los. Sie nestet, drückt sich in eine Ecke, die Fruchtblase platzt.
Um 11:37 wird unsere erster Welpe geboren. Sehr einfach scheint das zu gehen. Aber überraschend klein sieht das Mädchen aus und leider können wir keine Lebenszeichen erkennen. Ich verlasse ganz kurz den Raum und als ich zurückkomme, sagt mir Ulrike, dass sie doch atmet. Wir stellen sicher, dass sie Luft bekommt und unterstützen Gaia bei der Massage des Welpen. Sie ist zu schwach um es selbst an das Gesäuge zu schaffen. Keine Chance. "Ains" bekommt ein rotes Halsband und wird kurz beiseite gelegt, denn um 11:48 kommt schon der nächste Welpe. Ein Bub, ähnlich leicht, aber viel aktiver. Mit etwas Unterstützung bekommen wir ihn schnell an eine Zitze, wo er sofort zu saugen beginnt. Er bekommt ein türkisfarbenes Band.
Wir sind besorgt über das geringe Gewicht. Knapp 300 und 320g. Gegen 13 Uhr kommt Welpe Nummer drei. Ein weiterer Bub mit großem Kopf und 380g Gewicht, aber auch zu inaktiv. Wir geben "Alfie" an das Gesäuge, während er von seiner Mama umsorgt wird, und auch er beginnt zu saugen. Aber der Milchtritt funktioniert nicht gut, die vorderen Extremitäten bewegen sich kaum. Er erhält ein blaues Band. In der Zwischenzeit ist die Tierärztin gekommen und wir haben erste Anrufe getätigt. Vielleicht hat jemand eine Idee, woher die mangelnde Bewegung kommt und wie Abhilfe geschaffen werden könnte. Nikolaus Kugler, der Züchter, von dem wir Gaia erhalten haben, ist von jetzt an bei den weiteren Geburten per Videoschalte dabei. Kurz vor drei Uhr wird der vierte Welpe geboren. Ein zartes Mädchen mit 300g und auch "Alfetta" wirkt eher apathisch und zeigt wenig Bewegung; dennoch schaffen wir es, sie zum Saugen zu bringen. Sie bekommt von uns ein orangenes Band.
Die Stimmung ist schlecht. Vier sehr leichte Welpen, drei davon mit erkennbaren Problemen sich selbst zu bewegen und somit versorgen zu lassen. Die Tierärztin möchte uns Mut machen, aber uns ist schon klar, worauf das hinauslaufen könnte. Ihr Zustand muss sich rasch bessern. Und dann passiert fast fünf Stunden gar nichts, obwohl Gaias Bauch offensichtlich noch gut gefüllt ist.
Wir nutzen die Zeit für Intensivpflege, weitere Telefonate mit uns bekannten Züchtern – die zum Teil wiederum telefonieren – und Recherchen. Ohne zu diesem Zeitpunkt viel schlauer zu werden. Kurz nach acht Uhr wird Gaia wieder unruhig und es geht weiter. Welpe Nummer 5 wird geboren. Und endlich: Ein Rüde mit 500g, sofort auf dem Weg zum Gesäuge! Vorsichtige Erleichterung ist spürbar; Nikolaus verspricht uns, das es jetzt so weitergehen wird. Und er behält Recht. Kurz vor 22 Uhr, kurz vor halb 12, eine viertel Stunde nach Mitternacht und um fünf vor fünf am Morgen kommen noch vier einwandfreie Mädels mit Gewichten von 430g bis 600g auf die Welt. Große Nachgeburten folgen mit mehr oder weniger zeitlichem Abstand. Die Freude bei allen Beteiligten ist riesig.
Doch es kommt wie wir es erwartet mussten. Der Zustand des erstgeboren Mädchens verschlechtert sich trotz aller Anstrengungen zunehmend, und am Sonntag morgen um 8 Uhr geht es nach 20 Stunden ganz leise mit ihr zu Ende. Es bleibt kaum Zeit zu trauern, denn wir müssen uns noch um die beiden verbleibenden Sorgenkinder kümmern, deren Prognose auch nicht besonders gut ist.
Es zeigt sich erst nach einer Weile, dass sie zwar über einen Saugreflex verfügen und "andocken" können, aber kaum in der Lage sind Milch zu ziehen oder zu schlucken. Wir wiegen sie vor und nach dem Saugen und können mit gutem Willen nur ein einziges Gramm messen. Im Verlauf des Sonntagnachmittags und am Montag Morgen werden sie noch zwei mal gewogen – beide haben bei jeder Wägung jeweils 25g Gewicht verloren. Am Montag Morgen haben sie keine Kraft mehr, sich an der Zitze festzusaugen. Bei Handfütterung schaffen sie knapp 2g Milch. Innerhalb der nächsten Stunden verschlechtert sich ihr Zustand dramatisch. Am Mittag fassen wir den bitteren Entschluss, sie zu erlösen, weil sie sich jetzt zu allem auch noch plagen. Um 13 Uhr finden Sie ihre Ruhe.
Es ist unbeschreiblich, wie sehr einem die kleinen Welpen ans Herz gewachsen sind, nachdem man sich (nur) 48 Stunden intensiv mit ihnen befasst hat. Es sah von Anfang an nicht gut für sie aus, aber das macht es auch nicht einfacher. Wir sind allen zu Dank verpflichtet, die uns in dieser für Erstzüchter fordernden Situation völlig uneigennützig unterstützt haben.
Ab jetzt wird es deutlich ruhiger. Auch von Gaia fällt merklich der Stress ab. Wir können nun zunehmend Freude über das, was wir bekommen haben, empfinden: Augenscheinlich gesunde Welpen, die sich voller Energie in das Abenteuer Leben wühlen – zwei Rüden und vier Hündinnen.
Hallo Ihr Lieben,
wir finden es ganz toll wie Ihr uns die Möglichkeit dargestellt habt an dem Freuden- und Trauerweg der Geburt Eures ersten Wurfes mit teilhaben zu dürfen. Das war bestimmt eine Zeit voll Anspannung, Hoffnung und Trauer. Am Ende jedoch steht die Freude über das Wunder der Geburt und die verbliebenen lebensfrohen kleinen Welpen, deren Entwicklung Ihr nun jeden Tag weiter miterleben könnt.
Vielen Dank für den teilweise sehr ergreifenden Beitrag.
Die kleinen Racker sind einfach zum knutschen.
LG die Schwarzwälder